Auf der Suche nach etwas Speziellem
2015 traf ich beim Durchstöbern des Internets nach spannenden Oldtimer-Angeboten auf den "Ford Mercury", Jahrgang 1958. Er befand sich weit oben an der Ostsee. Über den Zustand des alten Autos stand wenig geschrieben. Dennoch beschlossen mein jüngster Sohn Simon und ich, versehen mit einem entsprechenden Anhänger, die Reise in den Norden anzutreten, um uns das Modell einmal anzusehen. Des Nachts erreichten wir das Örtchen Rehna an der Ostsee und unser Motel. Es blieben uns nur ein paar wenige Stunden Schlaf, bevor wir am nächsten Tag den Oldtimer in Augenschein nahmen.
Oh je, was für ein Schrottmodell in himmellausigem Zustand!! Da war wirklich alles kaputt, was kaputt sein konnte! Wenn man den Teppich anhob, sah man direkt auf den Strassenboden unter dem Auto. Von den Sitzen waren, ausser ein paar Sprungfedern, nichts mehr vorhanden. Alle Scheiben waren gerissen oder zerschlagen und auch die Aufhängung war hinüber. Aber....dennoch war er fahrbar. Er liess sich ein paar Meter bewegen!
Mein erster Gedanke war: Finger weg! Dieser Wagen ist nicht mehr zu flicken. Aber während mein Kopf noch haderte, war eben mein Sammlerherz schon nicht mehr zur Vernunft zu bewegen und hatte sich in das super seltene Auto verguckt. Also luden wir den Wagen auf, verzollten ihn selber und nahmen ihn mit in die Schweiz. Mein "Ford Mercury" ist bis heute meines Wissens das einzige solche Modell in der Schweiz.
Es folgten nun fünf Jahre des Reparierens und Aufmöbelns. Dabei habe ich aber die Aussenhaut nicht neu lackiert, sondern sie im abgewetterten, verbrauchten Zustand belassen. Sämtlicher Rost wurde von mir entfernt und alle Teile ersetzt, die ersetzt werden mussten. Neue Scheiben wurden extra gefertigt und von mir eingesetzt. Auch der Innenraum wurde durch Marcel Reusser, einen ganz hervorragenden Autosattler aus Spiez, mit neuen Sitzen versehen. Alles kann man ja nicht alleine herrichten. Deshalb ist es wunderbar, wenn man auf Spezialisten trifft, die ihr Handwerk verstehen und es mit viel Herzblut ausführen. Ich kann Marcel allen Oldtimer-Liebhabern nur wärmstens empfehlen.
Zuletzt für das "Pièce de résistance", die Abstimmung des Motors, habe ich mich an Markus Thöni von der Leimern-Garage in Spiez gewandt.
Ein Jahr zuvor hatte sich der Motor, nach den ersten Fahrversuchen, verabschiedet. So kam ich nicht darum herum, den alten Motor auszubauen, ihn im Zylinder-Schleifwerk überholen zu lassen und wieder neu zusammenzubauen.
Über drei Wochen schraubte und malte ich fleissig am und um den Motor herum. Und dann konnte sich mein Werk endlich sehen lassen. Der Wagen stand zur ersten Probefahrt bereit.
Der Wagen sprang an und es sah alles gut aus. Aber auf der ersten Runde geschah dann der Gau - der Alptraum für alle Oldtimer-Liebhaber: Das Auto begann zu brennen! Aber - Glück im Unglück - wählte es den Ort zum Funken schlagen geschickt aus und stand direkt vor einem Feuerwehrmagazin. So konnte durch die schnelle Reaktion eines Feuerwehrmanns das Schlimmste, das Ausbrennen des ganzen Wagens, verhindert werden. Aber die schöne Arbeit von einundzwanzig Tagen war dahin.
Vorher ein Bild der Wonne
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Nachher ein Bild des Grauens
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Der defekte Anlasser war schuld an der Katastrophe. Wir machten uns auf die Suche nach den schwer auftreibbaren Ersatzteilen. Es dauerte ein weiteres Jahr, bis wieder alles repariert und neu gemalt war. Nun aber, Ende gut, alles gut, fährt der Wagen wie ein "Örgeli" und erfüllt seinen Besitzer mit dem grössten Stolz.